Category: Aktuelles


übernommen von Cosia Immerscheen

International Contemporary Artists Book , Vol. 2, 2011

 

Im Mai 2011 erscheint die zweite Ausgabe von “International Contemporary Artists Book”, ICA Publishing, New York und Athen 2011, ISBN 978-960-93-2985-9

Darin gemeinsam mit 286 Künstlern aus 40 Ländern der Welt: Cosia Immerscheen

Cosia Immerscheen says:

I am making digital artworks with sunny-side-ups in the pan and I call it EGGart.

On my EGGart-website, time is tuned down loud und gentle, foggy clear und full of doubts with exquisite and high demanding to be true.

Because – is there anyone in a position to find the right words, to get to the bottom of all secrets und myteries of life?

Let us try to approach with my EGGart.

I am in a wonderful position – there is no pressure to have valid answers. For me in case of sure doubts, my answer always will be:

All is focussed in that wonderful little egg, turning out, proving, showing in a little sunny-side-up!

Egg = mc2

Am Ort des Geschehens – wenn Küche, Herd und Bratpfanne zum Atelier werden

 

 

Rotwerden – na ja, meinen die Eier, wenn man so zu Ehren kommt…

 

erschienen im Hamburger Abendblatt am 3. Mai 2011

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Die Leistung lässt uns nicht los. Wehe, wir leisten nicht, dann ist was los. Ich habe nichts gegen Leistung, im Gegenteil. Ich erbringe sie gerne und wenn es geht auf hohem Niveau, aber muss es denn immer und in jedem Augenblick meines Lebens sein?

Ich lerne. Ich lerne in jedem Augenblick. Ja, es muss in jedem Augenblick meines Lebens sein! Zum Beispiel auch dort, wo ich es gar nicht vermute: in meinem Haushalt. Was kann ich da nicht alles leisten!

Die neue Disziplin heißt Energiesparen. Ich habe das als Aufforderung zur Faulheit aufgefasst und meinem Mann das mitgeteilt. Schließlich spare ich die meiste Energie, wenn ich gar nichts tue. In diesem Moment habe ich meinen Mann endlich einmal sprachlos erlebt. Dann fasste er sich wieder und meinte, diese Aufforderung bezöge sich dann wohl auch auf ihn. Da müssten wir wohl beide Energie einsparen.

Gut. Wir setzten uns hin und sparten Energie dadurch, dass wir nichts taten. Wir stellten die Heizung ab und holten uns die Wolldecken. Wir tranken den Tee kalt. Der Weißwein kam warm auf den Tisch und auf gekochte Eier kann man auch mal verzichten beim Abendbrot. Auch unsere Gespräche stellten wir ein. Das verbraucht gemeinsam mit Denken einfach zu viel Energie.

Mein Mann stellte den Fernsehapparat an. Oh, nein, so geht das nicht. Ausschalten, das spart Energie. Mein Mann meinte – das Radio aber vielleicht wegen Nachrichten? Oh nein, war meine konsequente Antwort, das verbraucht zu viel Energie. Und die Lampen wegen etwas Helligkeit? Auch das geht nicht. Das verbraucht zu viel Energie. So saßen wir da im Dunkeln und sparten Energie. Schließlich meinte mein Mann, wenn gar nichts mehr ginge, vielleicht wäre dann Liebe möglich?

Da hatte er aber die Rechnung ohne mich gemacht! Wenn ich Energie spare, dann konsequent!

 

erschienen im Hamburger Abendblatt am 29.April 2011

Ein Brot muss durchgeschnitten werden, damit man es genießen kann. Dann ist eine Scheibe Brot also der Durchschnitt durch ein Brot, eine Scheibe Brot aber deshalb noch lange nicht durchschnittliches Brot. Denn diese eine Scheibe Brot kann keine Aussage darüber rechtfertigen, wie dieses Brot im statistischen Durchschnitt aussieht.

Machen wir uns den Spaß und stellen uns die Informationen über diese Welt wie ein Brot vor und betrachten die Informationen der Statistik, die uns immer so gerne mit Durchschnittswerten konfrontiert. Neulich zum Beispiel wieder einmal mit der Aussage: Die deutsche Frau hat im Durchschnitt 1,36 Kinder. Das ist eine hoch, sehr hoch interessante Aussage. Ich will mir das Kind nicht vorstellen, das übersteigt meine Fantasie. Was hat die Mathematik gemacht?

Um in unserem Beispiel zu bleiben: Sie hat alle deutschen Frauen in die Brotmaschine geworfen, verquirlt und eine Kostprobe gezogen. Also stimmt nichts mehr, weder das Brot noch die Kostprobe sagen etwas über das echte Brot aus. Es gibt einen Mittelwert. Aber warum?

Genauso ist es mit dem Wetter und Durchschnittstemperaturen, die im Zweifelsfall nie so sind wie die an meinem Wohnort oder Aussagen wie: Jeder Künstler verkauft in seinem Leben 0,3 Bilder. Ich weiß damit nichts über das echte Leben, ich kenne nur einen mathematischen Wert, der nicht auf Menschen angewandt werden kann.

Ich aber möchte den echten Knust oder die echte Mitte des Brotes,  die echte Mitte des Lebens, die echte Geschichte, das echte Erleben. Statistik ist ein Spiel mit Zahlen. Spiele sind nie das wirkliche Leben – 1,36 Kinder sind es auch nicht. Aber wie wunderbar sind unsere echten…

 

 

erschienen im Hamburger Abendblatt am 28. April 2011

„Leben, das ist etwas anderes“, meint mein Gesprächspartner. Wir haben über den Beruf gesprochen und darüber, wie sehr ihn sein Beruf ausfüllt und gleichzeitig so belastet, dass manchmal die Lust am Leben stark reduziert wird. Stress, so nennt die Umgangssprache das. Stress, stressig und gestresst – wer kennt diese drei Wörter nicht, wem begegnen sie nicht immer wieder, zu viel immer wieder!

In der Mühle des Berufes sein, das kann Stress bereiten. Jeden Tag funktionieren zu müssen, verlässlich funktionieren zu müssen. Schließlich wird man gerade dafür bezahlt und gerade das ist es auch, was Kunden und Arbeitgeber erwarten, zu recht erwarten können, denn sie bezahlen Geld für die von ihnen erworbene Leistung. Geben und Nehmen heißt dieses Spiel des Lebens, das kein Spiel ist.

Die Wünsche und Gedanken streifen oft in Berufe ab, von denen die Annahme existiert: Da wäre ich glücklicher geworden. Besonders die Künste verstehen es, einen Glorienschein um sich zu entfalten. Wie oft habe ich es schon gehört: Musiker wäre ich gerne geworden, Maler, Schauspieler, Sänger. Die Liste ist lang. Dort, so meint man, sei die Freiheit in einem weitaus höheren Maße angesiedelt als in allen anderen Berufen. Dort zu arbeiten, das scheint wie ein leuchtender Stern am nächtlichen Himmel des täglichen Trotts zwischen Bürostuhl und Fabrik.

Frei sein in der Kunst? Wer von seiner Kunst seine Brötchen und sein Auto bezahlen will, ist wahrscheinlich weniger frei als jeder sonst, denn er ist unmittelbar davon abhängig, dass seine Arbeit gefällt und fremde Geldbörsen öffnet. Das Ohr an den Bedürfnissen der Kunden zu haben, am Verkaufserfolg unmittelbar gemessen zu werden, ist das tägliche unkreative Brot des Künstlers, wenn er nicht gesponsert wird. „Kreativitätstötendes“ Marketing allüberall! Verlässlich funktionieren allüberall!

„Leben, das ist etwas anderes“, ein Spruch, den man wohl in allen Berufen irgendwann einmal zum Besten geben wird…

 

 

 

 

Ostermontag 2011

Das Schaf

 

Das Schaf, es weidet vor sich hin,

denn Weiden bringt ihm Lustgewinn.

 

Es weidet gern auf grünen Wiesen,

auch neben weißen Flugzeugriesen.

 

Denn Gras verdaut sich luftig, lecker

handelt es sich um Flugzeugäcker.

 

Die kleinste aller Schöpfungsgeschichten
von Johanna Renate Wöhlke

Vielfalt

Als es Gott in den Sinn gekommen war, die menschliche Welt zu erschaffen, machte er viele Versuche. Jeder gute Baumeister hat keine festen Pläne im Kopf, er spielt und experimentiert mit Möglichkeiten. Er entwirft und verwirft. Er sieht und begutachtet. Er testet und entscheidet. Gott ist ein omnipotenter Planer und Spieler, ein Allmöglichkeitenspieler. Weil das so ist, hat er aus göttlicher Weisheit und wissendem Mitgefühl auch den Menschen ähnliche Möglichkeiten eingeräumt, aber davon will ich später erzählen.

Er nahm sich also Papier, vielleicht auch Stoff, malte sich seine Welt in bunten Farben und vielfältigen Formen auf und begann, mit den Abbildern seiner Welt zu experimentieren. Glatt und schön sollte die Welt aussehen,  so fand er zuerst.

Er malte und malte -  und malte das Meer. Das Meer war eben und lag wie ein schwerer Teppich auf der Erde. Aber nach einer Weile langweilte sich Gott bei seinem Anblick. Schöner, dachte er, schöner ist es mit Verwerfungen und etwas Unruhe. Er begann, das Meer hin und her zu schieben. So entstanden Falten. Gott nannte sie Wellen.

Gott empfand immer mehr Freude daran, mit seiner Schöpfung zu spielen und begann, auch die ebene Erde hin und her zu schieben, sie zu verwerfen, zu falten und zu fälteln und zu erproben, wie flexibel sie sein könnte. So entstanden Erdfalten. Gott nannte sie Hügel, Berge, Klippen und Gebirge. Er verbog und verkantete, schichtete sie schroff, legte zusammen und zog auseinander, verformte und verrunzelte mit Freude.

Immer vielschichtiger wurde die Welt. Immer mehr formte sich ihr Gesicht und entwickelten sich ihre Konturen. Am Ende erwachte sie im Glanz der Morgensonne, versank im Glühen der Abendsonne und immer waren es die göttlichen Falten, die der Erde dabei ihre bizarre, strahlende Schönheit schenkten. Ich werde sie Ruga nennen, dachte Gott, Ruga, die Gefaltete.

An dem Tag, als Gott den Menschen erschuf, war es windstill über den Meeren. So wurde auch der Mensch  glatt, jung und schön und doch hatte er auch Falten. Denn Gott  hatte Gefallen gefunden an seiner vielfaltigen Welt.

Der Mensch besah sich die göttliche Welt. Er durchstreifte sie, eroberte sie so gut er konnte. Doch immer mehr fühlte er ein Unvermögen. Immer unzufriedener wurde er. Er besah das Meer und konnte keine Wellen machen. Er besah die Berge und konnte keine Hügel aufschichten und Täler formen. Er eroberte sich den Himmel und konnte doch nicht eine einzige Wolke daran hindern, ihren ureigenen Lauf zu nehmen.

Gott sah, dass der Mensch unzufrieden war. Das beunruhigte ihn und er dachte bei sich: Ich sollte ihm ein Spielzeug geben, ein Spielzeug, das ihn für die Zeit seines Erdenlebens wenigstens ein wenig zufriedener macht – und er erinnerte sich an seine ersten Zeichnungen, die er von der Welt gemacht hatte. Und Gott suchte und fand die Papiere und Stoffe mit den Zeichnungen und gab sie dem Menschen.

Als der Mensch diese göttlichen Zeichnungen sah, war er begeistert. Er riss sie Gott aus der Hand und begann sofort, damit zu spielen. Er verbog und verkantete, schichtete sie schroff, legte zusammen und zog auseinander, verformte und verrunzelte mit Freude. Endlich war die Welt ein Spielzeug in seinen Händen. Er konnte sie formen nach seinem Bild.

Gott setzte sich zufrieden neben den Menschen, schaute ihm zu, ermunterte ihn erwartungsvoll und neugierig zu immer wieder neuen Spielen mit den göttlichen Entwürfen der Welt und dachte bei sich: Das habe ich gut gemacht. Der Mensch ist fähig zu seinen Werken, wenn ich ihm meine in die Hand gebe. Das soll Kunst genannt werden.

Und Gott lehnte sich zurück und war glücklich.

( geschrieben am 22. April 2011)

Dirk Jung, Künstler aus Duisburg, hatte am 19. April 2011 eine Idee:

Er suchte einen Titel für ein Kunstwerk und forderte seine Kontakte auf facebook auf, Titelvorschläge zu machen. Dass ich gewonnen habe, freut mich natürlich sehr – und so trägt das Kunstwerk von Dirk Jung auf dieser Seite nun den Titel:

“Sex mal schwarz im Quadrat”

Sex mal schwarz im Quadrat

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie spannend es sein kann, einen Titel für ein Kunstwerk zu finden, zeigen die unterschiedlichen Vorschläge, die gemacht worden sind:

Die Quadratur des Leibes/  Abgeblockt/  Private Act/ Versuchung/   Hoffentlich sieht der Papst nicht auf den Boden/   blackbox/   Nicki/   Quotenfrau/   Quadratur der weiblichen Rundung/   Quadratur der männlichen Phantasie/   Secrets of a woman/   Das Verlorene/   Frauen vertuschen immer im Quadrat hoch drei/   Anonymusch

Dirk Jung über seine Arbeit:

Die Faszination der Malerei entdeckte ich in meiner Jugend und führe die Malerei seitdem als Autodidakt weiter fort.

Ab Mitte der 90er Jahre begann ich meine Kunst auch der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Meine ersten Ausstellungen veranstaltete ich in meiner Heimatstadt Duisburg. Da diese einen guten Anklang fanden, suchte ich mir in Düsseldorf weitere Ausstellungsmöglichkeiten, wo ich in den unterschiedlichsten Unternehmen meine Kunst präsentieren konnte.

Im Juli 1996 war es dann soweit, ich konnte das Ballhaus im Nordpark in Düsseldorf für eine große Ausstellung gewinnen. Hierdurch bekam ich weitere Kontakte und bewarb mich auf Empfehlung bei einer Ausstellung / Auktion „Wunschbilder“, welche im Landesmuseum für Volk und Wirtschaft in Düsseldorf stattfand.

Anschließend div. Ausstellungen wie z. B. im damaligen Autohaus Becker in Düsseldorf.

2007 – Internetauftritt:

http://www.bietekunst.de

2010 – ART FAIR NRW / Ruhr2010

Zu meinen Kunstwerken: die Komposition sowie die Farbgestaltung – zum Teil Richtung POP ART – rücken in meinen Werken in den Vordergrund.

erschienen im Hamburger Abenblatt am 20.April 2011

Ich habe ihn schon über das Feld hüpfen sehen, den Osterhasen. Es waren sogar mehrere. Ich bin mir ganz sicher, dass es Osterhasen waren, denn sie hatten es so eilig davonzukommen, dass es sich nur mit vorösterlicher Eile erklären lässt. Ja, folgen wir den Mythen und glauben an sie, dann ist diese Zeit jetzt Stress pur für den Osterhasen, denn sie bemalen die Eier. Sie bemalen sie nicht nur, sie sollen sie auch noch legen und verschenken. Nicht nur ich meine: Das ist des Guten zu viel!

Deshalb habe ich zur Selbsthilfe gegriffen und aus lauter Mitleid und Mitgefühl mit den Osterhasen einige von ihnen gekauft. Ja, man kann sie kaufen. Ich habe allerdings kleine Stoffosterhäschen gekauft, etwa handgroß, mit niedlichen Schnuten, Öhrchen und allem, was noch zu einem niedlichen kleinen Häschen gehört. Es waren nicht wenige, die ich mit nach Hause brachte, genau zwanzig Stück.

Meine Vermutung war, damit entziehe ich sie dem Osterstress. Sie sahen so klein und niedlich aus, da wollte ich ihnen einen so anstrengenden Job nicht zumuten. Was habe ich gemacht? Ich habe sie aufgehängt, aufgehängt an ihren kleinen mit Magneten ausgestatteten Pfötchen. Die „kleben“ nun aneinander und so „kleben“ auch die Häschen fest an einer  Stange in meiner Küche. Häschen an Häschen, eine ganze Hasengalerie!

Ich kann ihnen ansehen, wie sie sich freuen. Sie hängen da ganz ruhig und friedlich und schauen mir dabei zu, wie ich Eier koche oder brate. Keiner will etwas von ihnen. Keiner hetzt sie. Keiner zwingt sie dazu, Massen von Eiern zu transportieren. In meiner Küche ist das Osterfest ein wirkliches Fest für den Hasen! Auch Hasenbraten gibt es nicht! Die Hasen und ich, wir verstehen uns. Wir sind ein Herz und eine Seele.

Mein Mann meint, so ein arbeitsfreies Ostern, das hätte er auch gerne. Darauf konnte ich ihm nur antworten: „Bitte, zeig mal Deine Hände, wenn die auch magnetisch sind, können wir es mit der Küchenstange ja mal versuchen…“

 

 

 

 

 

erschienen im Hamburger Abendblatt am 18. April 2011

Kochen ist auf allen Sendern in. Es scheint: Alle Welt kocht und hat nichts anderes im Sinn als zu kochen! Das ist gut so. Gutes Essen ist eine wahre Freude, ein wahres Vergnügen, eine wahre Lust. Es ist nur so, wenn ich das am Rande und unmaßgeblich bemerken darf: Es sollte auch schmecken! Das ist meine gedankliche Kurve zu unseren Lieblingsgerichten!

Ja, die Lieblingsgerichte, wir kommen nicht von ihnen los. Sie begleiten uns ein Leben lang und sind im wahrsten Sinne des Wortes unverzichtbar. Die herrschende Meinung dazu ist, dass unser Geschmackssinn in der Jugend geprägt wird. Wir nehmen ihn mit ins Leben und können uns nicht mehr von ihm trennen, also auch nicht von unseren Lieblingsgerichten aus dieser Zeit.

Ein Beispiel dafür sind mein Mann und ich. Wir sind in Sachen Essen völlig unterschiedlich sozialisiert: ich aus einer ostpreußischen Familie kommend, in der gekocht, gebacken, gebraten und geschmort wurde, was das Zeug hielt, alles üppig und reichlich, der frische Fisch vom Markt, selbst geschuppt, ausgenommen, die Hühner zur Kleinkinderzeit noch selbst von der Großmutter geschlachtet, gerupft, all das. So sind meine Lieblingsgerichte: ehrlich, frisch, bäuerlich.

Mein Mann ein Großstadtkind mit keinerlei Erfahrungen auf diesem Gebiet und schon immer mehr Sinn für die „feine“ Küche. Wenn ich an meinem halben Hähnchen nage, schneidet er in dessen Brustfilet. Wenn ich die Kartoffeln mit Lust in Soße wiege und genussvoll verzehre, liebt er sie einfach so, ein wenig Butter vielleicht, Gemüse, feines Fleisch. So geht es weiter. Die kommende Zeit ist seine: Spargel mit Schinken. Mir fehlt dabei immer die Soße, Sie ahnen es schon.

Wieder einmal komme ich zu dem Schluss: Jeder auf seine Art und wie er es mag. Vielfalt in der Küche. Das scheint ein gutes Rezept ohne Rezept zu sein!

Erschienen im Hamburger Abendblatt am 14. April 2011

Es ist die Zeit der Vögel, scheint es mir. Wenn es zu Weihnachten hieß: Allüberall auf den Tannenspitzen sah ich goldene Lichtlein blitzen, dann müsste es nun heißen: Allüberall auf den Tannenspitzen sah ich zwitschernde Vögel sitzen – und wie sie zwitschern. Sie zwitschern nicht nur, sie machen auch andere Dinge und sind sogar schon mit der Brutpflege beschäftigt. Einen Sommer lang sind sie mit der Brutpflege beschäftigt und dann, endlich, fliegen sie aus, die groß gewordenen Kleinen.

Das bringt eine Menschenfrau unwillkürlich zu menschlichen Gedanken, was die Brutpflege angeht. Ein Vogel hat nur einen Sommer lang zu tun, das allerdings jeden Sommer wieder, zugegebenermaßen. Wir Menschen haben ein ganzes Leben lang zu tun, na ja, nicht ganz, ebenfalls zugegebenermaßen, aber eigentlich doch ein ganzes Leben lang. Kinder bleiben immer Kinder, sagt der Volksmund zu Recht.

Welch einen langen und mühsamen Prozess hat uns die Natur auferlegt, unsere „Brut“ großzuziehen: neun Monate im Bauch der Mutter, sechs Jahre bis zum Schulanfang, viele weitere bis zum Ende der Berufsausbildung – da können schon mal locker 25 Jahre ins Land gehen in dieser Zeit.

Was ist aus uns Eltern geworden in diesen 25 Jahren? Wie hat sich unser Leben neben und mit den Kindern entwickelt? Was ist geworden aus dem „Nest“, dem ewigen Heranschleppen von „Regenwürmern und Getier“, dem Begleiten von „Flugversuchen“, dem Schützen und Bewahren?

So sind die Gedanken im Frühling, wenn die Vögel auf den Tannenspitzen sitzen und ehrlich gesagt und ganz leise unter vorgehaltener Hand: Es war eine wunderschöne Zeit, aber noch mal das Ganze von vorn? Da setze ich mich lieber unter die Tanne und höre zu, wie die Vögel zwitschern. Jetzt ist ihre Zeit!