erschienen im Hamburger Abendblatt am 29.April 2011
Ein Brot muss durchgeschnitten werden, damit man es genießen kann. Dann ist eine Scheibe Brot also der Durchschnitt durch ein Brot, eine Scheibe Brot aber deshalb noch lange nicht durchschnittliches Brot. Denn diese eine Scheibe Brot kann keine Aussage darüber rechtfertigen, wie dieses Brot im statistischen Durchschnitt aussieht.
Machen wir uns den Spaß und stellen uns die Informationen über diese Welt wie ein Brot vor und betrachten die Informationen der Statistik, die uns immer so gerne mit Durchschnittswerten konfrontiert. Neulich zum Beispiel wieder einmal mit der Aussage: Die deutsche Frau hat im Durchschnitt 1,36 Kinder. Das ist eine hoch, sehr hoch interessante Aussage. Ich will mir das Kind nicht vorstellen, das übersteigt meine Fantasie. Was hat die Mathematik gemacht?
Um in unserem Beispiel zu bleiben: Sie hat alle deutschen Frauen in die Brotmaschine geworfen, verquirlt und eine Kostprobe gezogen. Also stimmt nichts mehr, weder das Brot noch die Kostprobe sagen etwas über das echte Brot aus. Es gibt einen Mittelwert. Aber warum?
Genauso ist es mit dem Wetter und Durchschnittstemperaturen, die im Zweifelsfall nie so sind wie die an meinem Wohnort oder Aussagen wie: Jeder Künstler verkauft in seinem Leben 0,3 Bilder. Ich weiß damit nichts über das echte Leben, ich kenne nur einen mathematischen Wert, der nicht auf Menschen angewandt werden kann.
Ich aber möchte den echten Knust oder die echte Mitte des Brotes, die echte Mitte des Lebens, die echte Geschichte, das echte Erleben. Statistik ist ein Spiel mit Zahlen. Spiele sind nie das wirkliche Leben – 1,36 Kinder sind es auch nicht. Aber wie wunderbar sind unsere echten…