Er gehört in die Zeit der Wunder, Geheimnisse und Fantasien. Die Weihnachtszeit ist seine Zeit – die Zeit des Weihnachtsmannes. Zeit- und geschichtslos scheint er seine Geschenke auszuteilen, ohne dass einer jemals nach seiner persönlichen Geschichte gefragt hätte.
Aber er hat eine und außerdem noch ein Geburtsjahr und einen Vater, dessen Vaterschaft kaum jemand kennt: Der hieß nämlich Moritz von Schwind, war Maler und hat seinen Sohn als Prototyp mit Farbe und Pinsel geboren. Das war 1847 für eine Bilderfolge der Zeitschrift „Münchner Bilderbogen“, die in Deutschland und Europa ihre Leser hatte.
Da zeichnete Moritz von Schwind also einen „Herrn Winter“, einen alten Mann mit langem weißem Bart im braunen Kapuzenmantel, hohen Stiefeln und einem kleinen Tannenbäumchen mit brennenden Kerzen in der Hand.
Diese Geschichte ist nun 167 Jahre her – 167 Jahre, in denen der Weihnachtsmann einen beispiellosen Siegeszug durch Europa und die Welt gemacht hat. Als 1968 schwedische Jugendliche im Angesicht wachsenden Weihnachtskonsums forderten „Schafft den Weihnachtsmann ab“, konnte das nur als ein schwaches Kratzen am Denkmal Weihnachtsmann gelten.
war aus dem Prototyp ein Millionenseller geworden, mühelos seiner Wiege entwachsen, der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts und ihrer neuen Kleinfamilie mit dem unangefochtenen Leitbild des liebevoll-autoritären Vaters, dem das artige Bürgerkind zu gehorchen hatte. Mühelos aber auch Volkstümliches und Mythisches vereinnahmend und vereinigend – auch den Heiligen Nikolaus mit seinem dämonischen Knecht Ruprecht aus der Tradition der beiden großen christlichen Kirchen und das Christkind als weihnachtlichen Gabenbringer dazu.
Er überstand Kaiser und „Tausendjähriges Reich“, war auch in der staatsatheistischen DDR populär. Mühelos vertrug er sich in seinen 167 Lebensjahren mit anderen Kulturen und Weltanschauungen, fast so als wolle er als Sinnbild des alten, weisen und gütigen Mannes dem christlichen Jesuskind in der Krippe ein weltliches Paroli bieten. View full article »