erschienen im Hamburger Abendblatt am 31. Mai 2011
Dieter ist mit seiner Frau Gertrud an der Nordsee unterwegs, denn es gefällt ihnen einfach immer wieder. Das ist nichts Ungewöhnliches für uns Nordlichter. Wir hier im Norden wissen ja, wie schön es im Norden ist! Wenn Dieter unterwegs ist, sendet er auch ab und zu auch eine Nachricht. Da steht dann zum Beispiel mit einem Augenzwinkern: Gerade sei er aufgestanden, um ans Meer zu gehen – aber das Meer war weg. So was aber auch.
Mit diesem Urlaubsproblem kann ich den Dieter und seine Frau nicht alleine lassen. Wir im Norden sind freundlich und hilfsbereit. Ich sende ihm also ein Gedicht von mir, in dem ich die Schönheiten des Meeres beschreibe, sozusagen als Beschwörungsformel. Ich weiß ja sicher, dass diese Art der Beschwörung wirken wird, regelmäßig, an der Nordsee immer! Wie erwartet, hat es dann auch funktioniert und Dieter schreibt erfreut: „Dein Gedicht hat geholfen. Das Meer ist wieder da!“ Hurra!
Aber Dieters Urlaub ist noch nicht zu Ende. Er überrascht mit weiteren Nachrichten von der Küste. Diesmal sendet er keine Nachricht, er sendet das Bild eines Plakates vor der Eingangstür der Schlachterei seines Urlaubsortes. Dort scheint es sehr merkwürdig zuzugehen. Die Schlachterei bietet an: Pümmelwurst und Wattwürmer, Biker Beißer und Bauernschinken, Feldjäger und andere Spezialitäten.
Das macht mich nachdenklich. Sollte ich Dieter und Gertrud vielleicht doch lieber anbieten, ihren Urlaub abzubrechen, zu uns zu kommen und sie so davor bewahren, im schönen, friedlichen, wunderbaren Norden zu Kannibalen zu werden? Ich warte erst einmal ab – und da kommt die erlösende Information. Dieter schreibt glaubwürdig. „Ich muss nicht alles probieren!“ Recht so. Gott sei Dank! Allerdings sollte ich mich vielleicht einmal davon überzeugen, was sich hier im Norden an manchen Orten so für neue Essgewohnheiten etabliert haben…
Und hier mein “Beschwörungsgedicht” zur Glosse:
Das Meer
Weiße Gischt türmt Wasserwände.
Schwung auf Schwung und ohne Ende
wütet, spült es, fließt es leise,
rauscht es stets auf seine Weise.
(siehe auf dieser Seite unter “Bücher”: Federpferde. Himmlische Gedichte)
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