erschienen im Hamburger Abendblatt am 16. März 2011

Ich bin eine von Jugend auf erprobte Schnarchertragerin! Mein Vater pflegte in jeder Nacht ganze Wälder abzusägen. Ich hörte es durch die Schlafzimmerdecke bis in mein Kinderzimmer darüber. Neben ihm lag meine Mutter. Immer habe ich mich gefragt: Wie hält sie das nur aus? Sie hielt es aus und schlief. Keiner verstand wieso.

Die schönste Geschichte diesbezüglich grassierte in der Familie bezüglich einer Reise in den frühen fünfziger Jahren. Meine Eltern waren mit Freunden mit dem Zelt unterwegs. Man zeltete am Bodensee. Am ersten Morgen gab es unliebsame Blicke der Zeltplatzbewohner, danach unmissverständlich die Aufforderung, doch etwas gegen das Schnarchen zu unternehmen. Man sei im Urlaub und habe nicht die Absicht, auf dem Gelände eines Sägewerkes zu übernachten. So ist das mit dem Schnarchen.

Als ich neulich mit meinem kleinen Köfferchen im Zimmer des Krankenhauses erschien, wo ich für eine Nacht einquartiert war, empfing mich die Dame aus dem Nebenbett mit den Worten: „ Ich muss sie warnen, ich schnarche!“ Gut, dachte ich mir, sie schnarcht. Warten wir mal ab.

Sie schnarchte. Sie schnarchte auf eine sehr charmante und vielseitige Weise. Es war gar nicht mal sehr laut, aber es war nicht zu überhören. Alle Varianten zwischen leisem Säuseln beim Einziehen der Luft, kleineren holperigen Schnaufern, länger gezogenem Pfeifen bis hin zu diesem unverwechselbaren Geräusch, das wir alle schnarchen nennen. Ich würde sagen: Sie war eine wirklich variantenreiche Vertreterin der Schnarchzunft.

 

Es war gerade Karneval und ich hätte ihr gerne einen Orden verliehen. Leider hatte ich keinen dabei. Aber wer kann auch schon ahnen, dass einem im Krankenhaus nächtlich so ausgereifte Schnarchkonzerte geboten werden, dass diese nach einem Orden verlangen…

 

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